
Die Geschichte des Nürnberger Altstadtrings
| Beitrag vom 11. August 2020, von Philipp Bayerschmidt
Ein schöner Blick in die Vergangenheit: der Vestnertorgraben um das Jahr 1907. Die heutige Straße „Vestnertorgraben“ ist Teil des Nürnberger Altstadtrings, der sich einmal um die gesamte Stadtmauer zieht. Ende des 19. Jahrhunderts entsprach es in ganz Europa dem Zeitgeist, die alten Stadtmauern abzureisen, um Platz für den Verkehr und die Stadtentwicklung zu schaffen. Vorbilder hierfür waren das neugestaltete Paris sowie die Wiener Ringstraße.
Nach der Auflösung der Festungseigenschaft, wollte man in Nürnberg die Stadtmauer zum Abriss freigeben. Man sah in ihr weniger ein historisches Denkmal, als vielmehr ein Verkehrshindernis. Zwischen 1868 und 1876 erteilte man den Abriss der Mauer am Sterntor, am Laufer Tor sowie großer Teile der Stadtbefestigung. Demnach sollten am Ende nur die vier runden Tortürme sowie die Mauer zwischen Tiergärtnertor und der Kaiserburg erhalten bleiben. Der Stadtgraben hätte aufgeschüttet werden sollen.
Der Bleistiftfabrikant Lothar von Faber präsentierte 1879 in seiner Denkschrift „Die Zukunft Nürnbergs“ eine ähnliche radikale Lösung. Auf den ehemaligen Befestigungsanlagen sollten Kultureinrichtungen, Theater und Schulen, aber auch weitere Plätze, Brunnen und Monumente entstehen.
Verhindert wurden diesen Vorhaben nicht von den Nürnbergern. Der Münchener Altertumsverein setzte sich mit Unterstützung des bayerischen Königs Ludwig II. für den Erhalt der Mauer ein. Ein königlicher Erlass verfügte, dass eine Änderung an den Stadtmauern von höchster Stelle genehmigt werden musste. 1890 fand in der Nürnberger Stadtverwaltung ein Umdenken statt, und es setzte sich eine zunehmend positive Bewertung der Stadtmauern als historisches Denkmal durch.
Zwar wurden manche Einbauten in die Mauer, wie die Musikschule am Hallertor, die Kunsthalle oder Künstlerhaus gebaut, jedoch ging man nun behutsamer vor und verwarf die Idee eines Komplettabrisses. Für einige Mauerpartien, wie etwa jene am Gewerbemuseumsplatz, kam dieser Sinneswandel jedoch zu spät.
Da der Stadtgraben erhalten blieb, setzen sich die heutigen Bezeichnungen der Straßenzüge des Altstadtrings nach den jeweiligen Stadtmauerabschnitten in Verbindung mit dem Wort „Graben“ zusammen.
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