
Im Wald bei Pfeifferhütte – Das „Gästehaus der Stadt der Reichsparteitage“
| Beitrag vom 02. April 2025, von Dr. Pascal Metzger
In den Ausläufern des Lorenzer Reichswalds, etwa 25 Kilometer südöstlich des Nürnberger Stadtzentrums gelegen, befindet sich bei der kleinen Ortschaft Pfeifferhütte eine herrschaftlich anmutende Villa. Der Nürnberger Unternehmen Oskar Speyer ließ sich das prunkvolle Anwesen als Jagdhaus errichten und gab ihm den Namen „Schloß Hubertus“. Dem Schlossherren gehörte in Nürnberg das Varieté Wintergarten und das Luitpold-Lichtspieltheater. Die Waldvilla hatte 15 Zimmer und einen großen Saal. Im Park befand sich ein Teehaus, ein Schießhaus und ein großes Schwimmbecken. Von der Staatsstraße 8 führte eine Privatstraße zu dem Anwesen.
Mitte der 1930er Jahre residierte der Reichsminister für Luftfahrt und Reichsjägermeister Hermann Göring während der alljährlich in Nürnberg stattfindenden Reichsparteitage in Speyers Jagdhaus. 1939 verkaufte Speyers Erben das Haus an die Stadt Nürnberg. Oberbürgermeister Willy Liebel entschied, das Schlösschen als Übernachtungshaus für besondere Gäste der Stadt zu nutzen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnete das Nürnberger Waisenhaus eine Zweigstelle in der Villa. Bis 1955 brachte man Kleinkinder dort zur Erholung unter. Anschließend betrieb das Nürnberger Gesundheitsamt dort ein Kinderkurheim für TBC-gefährdete Kinder. Ab 1966 bot man dort Diätkuren für Kinder und Jugendliche an. Das Schullandheimwerk Mittelfranken e.V. pachtete die Villa 1982 und betrieb sie dreißig Jahre lang als Schullandheim. Die Rummelsberger Diakonie brachte im nun „Haus Alpha“ genannten Anwesen von 2014 bis 2016 minderjährige Flüchtlinge unter.
Nach langem Leerstand kaufte schließlich der über 1.000 Mitglieder starke Kulturverein Laissez-Faire e.V. die Immobilie im Juni 2022 von der Stadt Nürnberg und gab ihr den Namen „Villa-Flaire“. Zügig begann man mit aufwendigen Umbauarbeiten, um dort Platz für Gastronomie, Tonstudio, Co-Working-Space, Erlebniswerkstatt, Jugendtreff und weitere gemeinschaftlich genutzte Räume zu schaffen.
Pfeifferhütte ist seit 1972 Ortsteil der Gemeinde Schwarzenbruck. Im Jahr 2025 feiert Schwarzenbruck das 1.000-jährige Jubiläum seiner urkundlichen Ersterwähnung. Zu diesem Anlass verfassten Mitarbeiter von Geschichte Für Alle e.V. und lokale Forscher im Auftrag der Gemeinde eine Publikation zur Geschichte des Orts und seiner heutigen Gemeindeteile. Das Buch wird im Mai erscheinen.
Dieser Beitrag ist eine Kurzform des Leitartikels des aktuellen Geschichtsrundbriefs. Hier finden Sie den Text in voller Länge.
Bild: Blick in das "Gästehaus der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg", Fotografie um 1940 (StadtAN A38 H 89 14).
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