
Die Geschichte der Hallerwiese
| Beitrag vom 2. September 2020, von Philipp Bayerschmidt
In den Sommermonaten ist die grüne Oase an der Pegnitz zwischen dem Weidenmühlsteg und dem Hallertor ein beliebter Platz, um im Freien das schöne Wetter zu genießen. Die Hallerweise ist die erste Grünanlage Nürnbergs und bereits seit mehr als 600 Jahren ein wichtiger Freizeit- und Festplatz.
1434 erwarb der Rat der Stadt Nürnberg das Gelände von ihrem ursprünglichen Besitzer, einem Mitglied der Patrizierfamilie Haller. Daher leitet sich der heutige Name ab, der sich über die Jahrhunderte halten konnte. Da die Wiese im Hochwasserbereich der Pegnitz lag, konnte sie weder bebaut noch landwirtschaftlich erschlossen werden. Somit war das schon länger von der Allgemeinheit genutzte Gelände die ideale Wahl, um als Versammlungs- und Festplatz mit einem kleinen Park für Sport, Spiel und Feste zu dienen. Die erste öffentliche Grünanlage Nürnbergs war geboren.
Bereits in den 1430er Jahren wurde ein Entwässerungsgraben gezogen und später im westlichen Teil von Stadtbaumeister Paulus Vorchtel mehrere Reihen Linden gepflanzt. Der östliche Teil wurde als Freifläche für Spiel und Festversammlungen belassen. Nahe der Stadtmauer befand sich eine Schießanlage mit „Schießhäuslein“ für die Armbrustschützen. Als weitere Attraktion wurden 1482 drei Röhrenbrunnen errichtet.
Die einladend gestaltete Wiese stand grundsätzlich allen Bürger*innen für Feste und Spiele zur Verfügung, weshalb sie mitunter „Allerwiese“ genannt wurde. Man traf sich, um zusammen Karten-, Würfel und Brettspiele zu spielen oder um die Parkanlage zu genießen.
Im 16. Jahrhundert wandelte sich der Charakter des Geländes hin zu einer Flaniermeile, die nicht den besten Ruf hatte. Das Gebiet stand jedoch unter erhöhtem rechtlichen Schutz und wurde zur Muntat erklärt, einer Zone mit besonderem Rechtstatus. Verstöße gegen geltendes Recht wie Betrug beim Spiel, Beleidigungen oder Körperverletzungen wurden besonders streng geahndet.
Die Hallerwiese diente jedoch nicht nur der Erholung, sondern auch der körperlichen Ertüchtigung und wurde nach dem Willen des Rates der erste Nürnberger Sportplatz. Hier übten sich die jungen Männer im Speerwerfen, Ringen, Reiten, Fechten, Stein- oder Stangenstoßen. Dies geschah allerdings nicht nur zum Vergnügen, sondern auch zur Erhaltung der Wehrfähigkeit, um Nürnberg gegen die ständige Bedrohung durch den Markgrafen von Ansbach behaupten zu können. Bis den Armbrust- oder Schnepperschützen im 15. Jahrhundert vom Rat andere Übungsplätze zugewiesen wurden, trainierten diese ebenfalls dort. Heute erinnert noch der Schnepperschützenbrunnen, der einen Schützen zeigt, der auf eine imaginäre Vogelstange zielt, an die Tradition dieses Sportes. Er wurde vom Bildhauer Leonhard Herzog 1904 geschaffen.
1439 beging man hier das erste urkundlich nachweisbare Armbrust-Schützenfest. Solche Feste fanden von nun an alljährlich statt und waren keineswegs nur von lokaler Bedeutung. Aus Weit und Fern lud der Rat zu diesem Spektakel ein. 1579 kamen etwa 100 Schützen von außerhalb angereist. Die Hallerwiese wurde aufwendig und reichlich geschmückt und der Rat scheute keine Kosten und Mühen, um das Unterhaltungsbedürfnis der Bevölkerung zu befriedigen.
Neben dem Brunnen erinnert auch das heutige Café „Schnepperschütz“ mit seinem Namen an diese sportliche Betätigung. Es befindet sich in dem historischen Gemäuer neben dem Hallertor.
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